Von Lissabon nach Santiago de Compostela
Tagebucheintrag 07. Juni 2007
Barcelos ist nicht weit von Rates. Dennoch entschließe ich mich, in Barcelos zu bleiben, weil es ein historischer Ort ist (Dr. Raimund Joos empfiehlt sogar, zwei Tage hier zu bleiben), weil es gut in den Gesamtplan passt und außerdem besser für meine Beine ist.
Heute früh, war ich die erste die aus dem Haus ging. Um die anderen nicht mit dem Rascheln meiner Plastiktüten und dem "Zippen" der Reißverschlüsse zu wecken, packe ich meine Sachen draußen. Im Gegensatz zum französischem Weg,wo das Aufstehen, Packen, Rauskommen und Loslaufen fast zum Wettlauf wird, scheinen die Pilger auf diesem Weg einen etwas anderen Rhythmus zu haben. Es wird später aufgestanden und man lässt sich mehr Zeit. Vielleicht liegt es an der kleinen Pilgeranzahl.
In einem Dorf klingen die Kirchenglocken. Der Ton ist viel schöner als sonst. Als ich hingucke, sehe ich...! Ich sehe einen Mann, der in den Glockensrängen zieht! Die Glocken baumeln hin und zurück. Wie schön! Vor Barcelos kommt Barcelinhos. Ein Fluss trennt sie voneinander.
In Barcelos begegnet mir als eines der ersten Dinge der berühmte Hahn. Zu meinem Erstaunen ist es aber nicht der Hahn, den man aus Souvenirgeschäften kennt. Dieser hier ist viel ... moderner. Es stellt sich heraus, dass es in der Stadt mehrere davon gibt. Alle ziemlich bunt und künstlerisch bemalt.
Bei der Feuerwehr in Barcelos habe ich Glück. Zwar sind alle Betten besetzt, in einer Abstellkammer findet man aber ein Notbett. Einer der Feuerwehrmänner bezieht es mit frischer Bettwäsche. Seit Mai ist das Haus voll von professionellen und freiwilligen Feuerwehrleuten, die zu jeder Zeit einsatzbereit sind, weil die gefährliche Trockenzeit angefangen hat.
Den Nachmittag verbringe ich auf dem großen Platz. Es herrscht Feststimmung, weil Fronleichnam ist. Der Platz ist geschmückt. Ein Mann spielt Akkordeon. Mit heiserer Stimme singt er das eine Folklore-Lied nach dem anderen. Die teilweise improvisierten Texte bringen die ständig wachsende Menschenmenge zum Lachen. Einer der Zuhörer löst ihm beim Singen ab. Es wird zu einem singenden Dialog zwischen den beiden.
Ein Mann fängt an, mit seiner Frau zu tanzen. Sie tanzen gut. Eine andere will auch unbedingt tanzen, geht hin und drängt sich dazwischen. Die Ehefrau, zuerst ein wenig sauer, macht gute Miene zum bösen Spiel, bis es ihr schließlich reicht. Die andere gibt nicht auf. Es kommt zu einem Hin und Her der Beiden, sehr zu Belustigung der Zuschauer. Noch lustiger und zugleich rührend wird es, als eine sehr, sehr alte Bauersfrau mit herrlichem Selbstbewusstsein, etwas wackelig auf den Beinen, sich tanzend dazu gesellt. Später gibt es eine Prozession durch die Stadt. Es wird wunderbar gesungen. Drei Chöre singen hintereinander jeder drei Lieder, während der Priester die Monstranz mit der Hostie hochhält.
Als ich zur Feuerwehr zurückkehre, hat man mir Brot, einen ganzen Teller mit Grillfleisch und eine Flasche Bier hingestellt. Wird mir gut tun, sagen sie. Habe zwar keinen Bedarf, bringe es aber nicht über's Herz, es abzulehnen.
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